© Paramount Picture/ Regie: Oliver Ziegenbalg |
Zwölf Jahre nach dem Erscheinen von Wladimir Kaminers
Erzählband Russendisko, hat Oliver Ziegenbalg die kurzen Episoden aus dem
Berliner Leben der 90er Jahre in einen Kinofilm übersetzt. Er berichtet von den
drei jungen Russen Wladimir (Matthias Schweighöfer), Mischa (Friedrich Mücke)
und Andrej (Christian Friedel), die kurz nach der Wende als russische Juden
Asyl in Ost-Berlin erhalten. Mit dem Verkauf von Dosenbier finanzieren sie sich
ihr bodenständiges Leben zwischen Asylantenwohnheim und der blühenden
Ost-Berliner Künstlerszene. Während Andrej sich mit melancholischer Schwermut
und Heimweh plagt, strebt Mischa eine Musikerkarriere an und der ewig
optimistische Wladimir verliebt sich unsterblich in die Tänzerin Olga (Peri
Baumeister). Doch als alles perfekt scheint, droht Mischa die Ausweisung und
die Freundschaft des Dreiergespanns wird auf eine harte Probe gestellt.
Russendisko ist mehr ein Liebesfilm als eine Komödie, in dessen Mittelpunkt die Geschichte von
Wladimir und Olga steht. Geradezu märchenhaft wird das Kennenlernen der beiden
inszeniert, eine Animationssequenz erzählt uns von Olgas Kindheit im fernen
Russland. Auch die Darstellung der Stadt Berlin ist in ihrer Farbenpracht eher
magisch als authentisch. Zwar finden sich auf dem U-Bahnhof, in dem Andrej sein
Dosenbier vertreibt, die klassischen Berliner Typen, doch wirkt die Stadt
insgesamt eher wie eine Disney-Version ihrer selbst. Statt der grau-braunen
Überreste der DDR-Vergangenheit erstrahlen die Straßen hier in bunten
Regenbogenfarben. Die Betonung liegt ganz klar eher auf der kreativen
Aufbruchsstimmung der neuen Hauptstadt als auf der authentischen Darstellung
des Nach-Wende-Berlins.
Ähnlich verhält es sich mit den drei zentralen Figuren:
Wladimir, Mischa und Andrej sprechen akzentfrei Deutsch und auch ihre Kleidung
will nicht so recht zu der Tatsache passen, dass sie in der Sowjet-Union der
frühen 90er erstanden wurde. Dass sie vielmehr wie drei ganz normale Jungs
wirken, wie sie noch heute durch gewisse Ecken der Hauptstadt laufen –
vielleicht ein bisschen retro, aber das ist ja jetzt schick - bringt ihnen zwar
Sympathiepunkte, geht aber auf Kosten der Authentizität. Matthias Schweighöfer
glänzt einmal mehr mit seinem Bubencharme, ähnelt in seiner Darstellung aber zu
sehr den Figuren seiner letzten Filme, als dass wir auf der Leinwand
irgendjemand anderen sehen könnten als eben Matthias Schweighöfer.
Da die zentrale Figur den Namen des Romanautors Wladimir Kaminer
trägt, entsteht der Eindruck, es handle sich hier um eine Art biographische
Entstehungsgeschichte der Veranstaltungsreihe unter dem Namen „Russendisko“.
Die fehlende Authentizität und die märchenhafte Inszenierung bilden damit
jedoch einen beißenden Widerspruch, der den Zuschauer zunächst irritiert.
Russendisko ist kein Bio-Pic, sondern eine Art Großstadtmärchen, das weder die
Figur Wladimir Kaminer, noch den Schauplatz Berlin realistisch abbilden,
sondern das Publikum mit seiner märchenhaften Atmosphäre und der rührenden
Liebesgeschichten in seinen Bann ziehen möchte.
Partiell kann der Funke überspringen und den romantischen
Zauber transportieren. Insgesamt aber verbleiben die Charaktere zu
eindimensional. Wladimirs unsterblicher Optimismus und seine Lebensfreude, der
auch die größten Tiefschläge nichts anhaben können, bilden zu wenig Anlass, um
sein Schicksal zu bangen. So bleibt Russendisko trotz seiner offensichtlichen
Bemühungen, uns mit Hilfe des Settings und der Musik zu verzaubern, ein seichter
Unterhaltungsfilm, der leider nicht mal besonders komisch ist. Die besten Gags
wurden – wie so oft – bereits im Trailer zusammengefasst und somit
vorweggenommen.
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