Sonntag, 10. Februar 2013

La Religieuse - Die Nonne

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© Berlinale
Ich mag bei religiösen Filmen etwas sensibel sein. Es mag an meinem eigenen christlichen Glauben liegen, dass mir Die Nonne a.k.a. La Religieuse a.k.a. The Nun nicht besonders gut gefallen hat. Basierend auf den Gesprächen mit den Kritikerkollegen halte ich es jedoch ebenso für möglich, dass der Film einfach nicht besonders gut war. Und das obwohl er eine lobenswerte Botschaft transportiert. Aber gut gemeint ist eben nicht gleich gut gemacht, wie ich zum x. Mal in Bezug auf einen Film feststellen muss.

1765 hat die junge Suzanne (Pauline Étienne) nur zwei Möglichkeiten: Die Ehe oder das Kloster. Da sie sich für Gott deutlich mehr begeistern kann als für die männlichen Werber, entschließt sie sich, einige Zeit ins Kloster zu gehen. Das kommt ihren Eltern recht gelegen, denn die Ehen ihrer anderen beiden Töchter haben die Familie schon genug Geld gekostet. Als Suzanne sich überraschend entschließt, dass das Klosterleben auf die Dauer doch nichts für sie sei, stößt sie auf großen Widerstand. Als sie dann auch noch erfährt, dass sie ein uneheliches Kind ist und somit keinerlei Anspruch auf das Vermögen ihres Vaters hat, fügt sie sich in ihr frommes Schicksal. Die gutmütige Mutter Oberin (Françoise Lebrun) mindert zunächst ihr Leid, doch nach deren Tod kommt Suzanne vom Regen in die Traufe. Während sie versucht, sich vom Klosterleben zu befreien, wird sie Opfer sadistischer Demütigungen und sexueller Übergriffe.

Nun mag es so wirken, als sei die Kirche die Wurzel allen Übels. Schließlich ist sie der Ort, an dem Suzanne eingesperrt und misshandelt wird. Vielleicht gibt es auch den einen oder anderen, der das so gesehen hat. Doch die Oberin in Suzannes zweitem Kloster zeichnet ein anderes Bild der Institution. Hier wird das Leben als Nonne die Alternative zu einer arrangierten Ehe, in der Frau sich permanent dem Willen eines Mannes beugen müsste. Nun ließe sich natürlich auch argumentieren, dass die Kirche eine patriarchale Organisation sei, in der Frauen sich letztendlich auch Männern unterordnen. Der Punkt hierbei ist jedoch die Möglichkeit einer eigenen Entscheidung. Doch Suzanne hat keine Entscheidung getroffen. Sie hat dieses Leben nicht gewählt. Und sie wehrt sich dagegen, zu akzeptieren, dass für sie als Frau nur diese beiden Möglichkeiten existieren. Im Grunde ist Die Nonne also ein Film über Emanzipation, über den Kampf einer Frau, über sich selbst zu bestimmen. 

Der Film von Guillaume Nicloux hat leider ein grundlegendes Problem, das auch seine Botschaft zu gefährden droht. Während zwei Drittel der Handlung eine ernste und oft bedrückende Atmosphäre entwickeln, kippt der Film mit dem Auftritt von Isabelle Huppert als Ordensmutter mit lesbischen Neigungen plötzlich ins Komödiantische. Ob dies ein Fehler der Schauspielerin oder der Regie oder etwa von Nicloux so gewollt ist, wage ich mich nicht zu beurteilen. Die Kenntnis der Vorlage von Denis Diderot wäre hier hilfreich gewesen. Mich hat es innerlich abgestoßen, dass Suzannes Leidensweg plötzlich zum Unterhaltungsfaktor wird. Im Grunde wird sie durch die Annäherungsversuche ebenso gedemütigt wie durch die Bestrafungen ihrer vorherigen Mutter Oberin und auch das offensichtliche Leid der Figur von Isabelle Huppert ist kein Grund zum Lachen. Wenn der Zuschauer den Respekt vor den Figuren verliert, droht auch die emanzipatorische Botschaft unterzugehen und das ist wirklich sehr bedauerlich.

Ist diese Botschaft einmal verloren, verliert der Film auch seine Daseinsberechtigung, denn Geschichten über Nonnen, die unter den Strengen Regeln des Klosterlebens und sadistischen Machtinhabern leiden, haben wir doch schon zu Genüge gesehen. Sicherlich stellt es eine willkommene Abwechslung dar, dass die sexuellen Übergriffe nicht durch einen Mann, sondern durch eine Frau verübt werden, doch davon abgesehen, konnte mir The Nun wenig Neues bieten. Daran kann auch die erwähnenswerte Schauspielleistung von Hauptdarstellerin Pauline Étienne nichts ändern.

Aber vielleicht bin ich beim Thema Kirche auch einfach sensibel. Vielleicht bin ich auch beim Thema Frauen einfach sensibel. Aber vielleicht ist das auch einfach gut so. 



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