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Ich mag bei religiösen Filmen etwas sensibel sein. Es mag an
meinem eigenen christlichen Glauben liegen, dass mir Die Nonne a.k.a. La
Religieuse a.k.a. The Nun nicht besonders gut gefallen hat. Basierend auf den
Gesprächen mit den Kritikerkollegen halte ich es jedoch ebenso für möglich,
dass der Film einfach nicht besonders gut war. Und das obwohl er eine
lobenswerte Botschaft transportiert. Aber gut gemeint ist eben nicht gleich gut
gemacht, wie ich zum x. Mal in Bezug auf einen Film feststellen muss.
1765 hat die junge Suzanne (Pauline Étienne) nur zwei
Möglichkeiten: Die Ehe oder das Kloster. Da sie sich für Gott deutlich mehr
begeistern kann als für die männlichen Werber, entschließt sie sich, einige
Zeit ins Kloster zu gehen. Das kommt ihren Eltern recht gelegen, denn die Ehen
ihrer anderen beiden Töchter haben die Familie schon genug Geld gekostet. Als
Suzanne sich überraschend entschließt, dass das Klosterleben auf die Dauer doch
nichts für sie sei, stößt sie auf großen Widerstand. Als sie dann auch noch
erfährt, dass sie ein uneheliches Kind ist und somit keinerlei Anspruch auf das
Vermögen ihres Vaters hat, fügt sie sich in ihr frommes Schicksal. Die
gutmütige Mutter Oberin (Françoise Lebrun) mindert zunächst ihr Leid, doch
nach deren Tod kommt Suzanne vom Regen in die Traufe. Während sie versucht,
sich vom Klosterleben zu befreien, wird sie Opfer sadistischer Demütigungen und
sexueller Übergriffe.
Nun mag es so wirken, als sei die Kirche die Wurzel allen
Übels. Schließlich ist sie der Ort, an dem Suzanne eingesperrt und misshandelt
wird. Vielleicht gibt es auch den einen oder anderen, der das so gesehen hat. Doch
die Oberin in Suzannes zweitem Kloster zeichnet ein anderes Bild der
Institution. Hier wird das Leben als Nonne die Alternative zu einer
arrangierten Ehe, in der Frau sich permanent dem Willen eines Mannes beugen müsste.
Nun ließe sich natürlich auch argumentieren, dass die Kirche eine patriarchale
Organisation sei, in der Frauen sich letztendlich auch Männern unterordnen. Der
Punkt hierbei ist jedoch die Möglichkeit einer eigenen Entscheidung. Doch
Suzanne hat keine Entscheidung getroffen. Sie hat dieses Leben nicht gewählt.
Und sie wehrt sich dagegen, zu akzeptieren, dass für sie als Frau nur diese
beiden Möglichkeiten existieren. Im Grunde ist Die Nonne also ein Film
über Emanzipation, über den Kampf einer Frau, über sich selbst zu bestimmen.
Der Film von Guillaume Nicloux hat leider ein grundlegendes
Problem, das auch seine Botschaft zu gefährden droht. Während zwei Drittel der
Handlung eine ernste und oft bedrückende Atmosphäre entwickeln, kippt der Film
mit dem Auftritt von Isabelle Huppert als Ordensmutter mit lesbischen Neigungen
plötzlich ins Komödiantische. Ob dies ein Fehler der Schauspielerin oder der Regie
oder etwa von Nicloux so gewollt ist, wage ich mich nicht zu beurteilen. Die
Kenntnis der Vorlage von Denis Diderot wäre hier hilfreich gewesen. Mich hat es
innerlich abgestoßen, dass Suzannes Leidensweg plötzlich zum
Unterhaltungsfaktor wird. Im Grunde wird sie durch die Annäherungsversuche
ebenso gedemütigt wie durch die Bestrafungen ihrer vorherigen Mutter Oberin und
auch das offensichtliche Leid der Figur von Isabelle Huppert ist kein Grund zum
Lachen. Wenn der Zuschauer den Respekt vor den Figuren verliert, droht auch die
emanzipatorische Botschaft unterzugehen und das ist wirklich sehr bedauerlich.
Ist diese Botschaft einmal verloren, verliert der Film auch
seine Daseinsberechtigung, denn Geschichten über Nonnen, die unter den Strengen
Regeln des Klosterlebens und sadistischen Machtinhabern leiden, haben wir doch
schon zu Genüge gesehen. Sicherlich stellt es eine willkommene Abwechslung dar,
dass die sexuellen Übergriffe nicht durch einen Mann, sondern durch eine Frau
verübt werden, doch davon abgesehen, konnte mir The Nun wenig Neues bieten.
Daran kann auch die erwähnenswerte Schauspielleistung von Hauptdarstellerin Pauline
Étienne nichts ändern.
Aber vielleicht bin ich beim Thema Kirche auch einfach sensibel.
Vielleicht bin ich auch beim Thema Frauen einfach sensibel. Aber vielleicht ist
das auch einfach gut so.
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