© Scott Gardner |
Eigentlich wollte ich hier meiner ungebremsten Begeisterung für
Prince Avalanche Ausdruck verleihen. Aber dann habe ich entdeckt, dass der
US-amerikanische Wettbewerbsbeitrag von David Gordon Green auf einem
isländischen Film namens Either Way basiert, der 2011 auf mehreren europäischen
Festivals Preise abgeräumt hat. Nun kann ich nicht beurteilen, inwiefern die
amerikanische Version die Geschichte neuinterpretiert oder ob es sich gar nur
um eine Kopie der Vorlage handelt. Diese Unsicherheit schmälert ein wenig meine
Begeisterung. Aber ob nun originell oder einfach nur gut kopiert, Prince
Avalanche bietet eine willkommene Abwechslung in diesem deprimierenden Wettbewerb.
David Gordon Green bringt uns zum Lachen, ohne dass er eine triviale Geschichte
erzählen würde. Vielmehr transportiert sein Film diesen leichten, aber nicht
flachen Humor, der aus der Absurdität des wahren Lebens entsteht und in vielen
amerikanischen Independentfilmen zu finden ist. Die gelungene Mischung aus
Humor und Anspruch findet man außerdem noch häufig im skandinavischen Kino,
weshalb es mich nicht überrascht, dass das Konzept zu Prince Avalanche aus
Island stammt. Nur wir Deutschen können das irgendwie nicht reproduzieren. Aber
das ist ein anderes Thema.
Das Überraschendste an Prince Avalanche ist Paul Rudd in
einer vergleichsweise ernsten Rolle. Als Alvin malt er Fahrbahnmarkierungen
mitten in der texanischen Wildnis. Die Einsamkeit der durch einen Brand
zerstörten Wälder gefallen ihm, weshalb ihn die Anwesenheit des Bruders seiner
Freundin zu Beginn auf die Nerven geht. Lance (Emile Hirsch) ist ein einfaches
Gemüt, besitzt keinerlei Outdoor-Fertigkeiten und jammert stetig über den
Sexentzug, den sein neuer Job bei Alvin mit sich bringt. Doch eine unerwartete
Entwicklung lässt die beiden Männer plötzlich zusammenrücken. Prince Avalanche
ist ein bisschen wie ein Western: Ein reifer Mann, der das Leben in der Wildnis
in und auswendig kennt, trifft auf ein junges, unruhiges Gegenüber, dem er nicht
nur das Überleben jenseits der Zivilisation, sondern auch (männliche)
Lebensweisheiten beibringt. Wie sich jedoch herausstellt, kann der
zurückhaltende und untertemperierte Alvin vom vergnügungssüchtigen Lance durchaus
ebenfalls etwas lernen.
Die Geschichte von Prince Avalanche entwickelt sich komplett
aus den ausgezeichnet konstruierten Hauptfiguren. Das Setting des ausgebrannten
Waldes ist die Bühne für ihre Auseinandersetzungen mit sich selbst und
miteinander. Das Auftreten einer mysteriösen Frau bildet ein magisches Moment,
das weder die Protagonisten noch die Zuschauer einordnen können. Und doch ist
das Bild der alten Dame, die in „ihrer eigenen Asche wühlt" sehr stark. Für
mich spielt der Waldbrand, der auch den Anfang des Films bildet, nicht nur die
Rolle einer Kulisse, sondern hat auch eine inhaltliche Bedeutung. David Gordon
Green zeigt ein ausgebranntes Amerika, ein Amerika in Asche, Kinder die im
Schutt spielen. Das Amerika der einfachen und benachteiligten Menschen, ist im
Grunde viel größer als das der Metropolen und idyllischen Vorstädte, taucht im
Mainstream-Film aber viel zu selten auf. Es ist wohl ein wenig dem Erfolg von
Beasts of the Southern Wild zu verdanken, dass sich dies zu ändern beginnt. Vielleicht
ist Prince Avalanche aber auch ein Ausdruck von Zukunftsangst und Unsicherheit.
Der romantisierte Rückzug in die Wildnis, weg von der Zivilisation, würde für
mich auch zu dieser Interpretation passen.
Mir hat der Film außerordentlich gut gefallen. Der Humor,
die Charaktere, die latente Absurdität und die tollen Bildkompositionen haben
es mir angetan. Prince Avalanche ist sicher kein Bären-Kandidat, dafür wirklich
mal eine Empfehlung wert.
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