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Ein merkwürdiges Märchen – das ist das erste, was mir nach
The Necessary Death of Charlie Countryman durch den Kopf geht. Denn ein Märchen
ist der Film von Fredrik Bond in jedem Fall. Das legt schon die Erzählerstimme
von John Hurt nahe, die nicht nur durch die Handlung geleitet, sondern diese
auch mit Bedeutung aufzuladen versucht, stattdessen aber nur leeren Pathos
erzeugt.
Charlie Countryman, das ist ein junger Mann gespielt von
Shia LaBeouf, dem der Geist seiner toten Mutter (Melissa Leo) nahe legt, nach
Bukarest zu reisen. Am Ende stellt sich heraus, dass sich der Geist vertan hat
und eigentlich Budapest meinte. So ein Mist aber auch. Das hätte uns einen
unterdurchschnittlichen Film ersparen können. Aber nun lässt sich das ja alles
nicht mehr ändern, also weiter im Text. Der brave Sohn Charlie fliegt nach
Bukarest, wo er sich in die schöne Gabi (Evan Rachel Wood) verliebt, die jedoch
mit dem bösen und immens eifersüchtigen Gangster Nigel (Mads Mikkelsen)
zusammen ist. Der ist auf der Suche nach einem prekären Video, das ihn und
seine kriminellen Machenschaften entlarvt. Und dann ist da noch Til Schweiger
als Darko, der - ja, was macht der eigentlich? - böse guckt und irgendwie ein Komplize
von Nigel ist. Von Liebe wie benommen meint Charlie, sich in diese Geschichte
einmischen zu müssen, die natürlich mehr als nur eine Nummer zu groß für ihn ist.
Und so käme es, wie es kommen müsste, wenn es nicht die schier unendliche Kraft
der Liebe gäbe...
Zunächst einmal zu den positiven Dingen. Entgegen meiner
Erwartungen spielt Shia LaBeouf tatsächlich gut. Das hilft dem Film zwar nicht,
soll hier aber trotzdem positiv erwähnt werden. Genauer gesagt – und ich hätte
niemals gedacht, das einmal zu sagen – ist Shia LaBeouf das Beste am ganzen
Film, auch wenn er die meiste Zeit so ungepflegt aussieht, das man seinen
Körpergeruch geradezu sehen kann. Das scheint die hübsche und stets adrett
gekleidete Gabi aber nicht zu stören. Glück für Shia, oder besser gesagt für Charlie
Countryman.
Dass der Film chronisch überinszeniert ist, fällt in der
ersten Hälfte noch nicht so schwer ins Gewicht. Immerhin handelt es sich um ein
Märchen und da geht es ja auch nicht immer realistisch zu. So fällt es relativ
leicht, Charlies Visionen als fantastische Elemente zu akzeptieren. Die
aufdringliche Musikuntermalung tut ihr übriges, den Zuschauer in einen Rausch
zu versetzen und das Drama mehr und mehr zu steigern. Aber irgendwann ist es einfach
zu viel und das Konzept verliert die Balance. Statt eines leichten
geheimnisvoll-magischen Flairs liegt stickiger Pathos in der Luft. Die Liebe,
ach, die Liebe, die alle Grenzen überwindet... Bla, bla, bla, langweilig. Und
was mich außerdem noch ziemlich stört an der ganzen Nummer, ist die Besetzung.
Der Film spielt in Bukarest und es gibt nicht einen einzigen Rumänen,
mitnichten eine Rumänin unter den Hauptfiguren. Hätte man statt Evan Rachel
Wood nicht eine rumänische Schauspielerin finden können, um der Sache zumindest
einen Hauch von Authentizität zu verleihen?
Versteht mich nicht falsch: Dynamische Musik, Tempo, ein
bisschen Drogentaumel unter „karpatischem Ecstasy“ - das ist alles ganz unterhaltsam und macht
zwischendurch sogar Spaß. Aber es ist wie mit jedem Rausch: Irgendwann ist es
einfach zu viel und danach fragt man sich grundsätzlich, wozu das Ganze
eigentlich gut war.
Ach, mir fällt die Antwort ein: Um zu zeigen, dass Shia
LaBeouf schauspielern kann. Und keine Angst hat, sich auszuziehen. Vielleicht
ist das einfach nur ein langes Bewerbungsvideo für Nymphomaniac!
Es gibt keinen Glaubwürdigen Moment in diesem Film, was auch nicht weiter schlimmer wäre, wenn er seinen Rausch ausschöpfen würde; und nicht alle Pillen auf einmal nähme.
AntwortenLöschenWie bestimmte Bilder unser Bewusstsein prägen und die Unbestimmtheit des Rausches in das Sein tritt, sind die Fragen, die anfangs gestreift und später mit ungeschmeidigen Farben überdeckt werden.
Ein wenig Buh-Rufe, sodass sich auch die Cineasten einmal ergötzen können. Kontingenz oder Notwendigkeit? D