© Yannick Grandmont |
Frauen, Frauen, überall Frauen. In allen drei
Wettbewerbsfilmen, die heute liefen, standen Frauen im Mittelpunkt. So auch in
Vic + Flo Saw a Bear, der jedoch deutlich weniger überzeugen konnte als die
vorhergehenden Filme.
Vic (Pierrette Robitaille) und Flo (Romane Bohringer) sind
zwei ehemalige Sträflinge, die sich in eine abgelegene Hütte in den kanadischen
Wäldern zurückziehen. Eigentlich lebt dort noch Vics greiser Onkel, doch weil
Vic nicht in der Lage ist, sich angemessen um den alten Mann zu kümmern, wird
dieser bald vom Sozialdienst abgeholt. Das ist traurig für die ohnehin schon
einsame Frau. Aber schließlich hat sie noch Flo. Aber die deutlich jüngere Frau
fühlt sich in der Abgelegenheit nicht ganz so wohl wie Vic und hat überdies
durchaus auch Interesse für die männliche Spezies. Zudem wird sie von ihrer
kriminellen Vergangenheit eingeholt, die schließlich das Leben beider Frauen
bedroht.
Schon auf Grund der isolierten Lebensweise der Hauptfiguren
ist die Anzahl der für die Geschichte zentralen Personen sehr begrenzt und
umfasst neben dem lesbischen Liebespaar im Grunde nur noch eine weitere Person,
den wohlwollenden Bewährungshelfer Guillaume (Marc-André Grondin), übrigens die
einzige männliche Figur, die in der Geschichte eine tragende Rolle spielt. Weder
Vic noch Flo sind sonderlich gesprächig oder unternehmungslustig und
dementsprechend ist Vic + Flo Saw a Bear von einer geradezu depressiven Ruhe
gekennzeichnet. Doch gerade wenn man die Ereignislosigkeit nicht mehr zu ertragen
glaubt, zieht das Tempo plötzlich an. So richtig spannend geht es trotzdem nicht
zu.
Das ist ja grundsätzlich kein Problem. Ich habe durchaus
schon Filme gesehen, in denen deutlich weniger passiert ist und die mir
trotzdem gefallen haben. Aber wenn es nicht die spannende Handlung ist, die
einen fesselt, muss ein anderes Element diese Funktion übernehmen. Eine
interessante Figur, eine besondere Ästhetik und/oder Kameraführung, ein
relevantes Thema, das zum Nachdenken anregt, und so weiter. Vic + Flo Saw a
Bear bietet in meinen Augen keines dieser Elemente. Über die Figuren erfahren
wir kaum etwas. So bleibt bis zum Ende unklar, warum die beiden Frauen im
Gefängnis gesessen haben und warum Bösewichtin Jackie (Marie Brassard) es auf
sie abgesehen hat. Vic und Flo ziehen sich nicht nur von ihrem sozialen Umfeld
zurück, sondern auch von uns. Sie wirken menschenfeindlich und können nur schwer unsere Sympathie wecken. Was die Botschaft angeht, könnte es um die schwierige Wiedereingliederung ehemaliger Strafgefangener gehen. Aber sicher bin ich mir da nicht. Auch das Ende lässt sich mit dieser Interpretation schwer vereinbaren.
Der Film hinterließ bei mir vor allem ein großes „Warum?“.
Es fällt mir immens schwer herauszulesen, worum es dem Regisseur und
Drehbuchautoren Denis Côté eigentlich geht. Im Pressematerial las ich, dass
es für ihn eine Herausforderung darstellte, starke weibliche Charaktere zu
entwerfen. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass die „starken“ Frauen in seinem
Film grundsätzlich keinen BH, dafür aber ein Oberteil tragen, dass das Fehlen
dieses Accessoires offensichtlich zur Schau stellt. Statt starke Frauen zu
inszenieren, ist Côté in meinen Augen in die Kampflesben-Klischeefalle getappt.
Vielleicht sind die Bärenfallen im Finale des Films ja metaphorisch gemeint?!
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