© Pandora Film |
Es hätte so schön werden können mit August Diehl in
Südafrika, doch was vielversprechend beginnt, endet leider wie so oft in
Ratlosigkeit. Layla Fourie kann die Erwartungen, die der Film in der ersten
Hälfte weckt, nicht erfüllen und lässt den Zuschauer daher trotz guter Ansätze etwas frustriert
zurück.
Layla Fourie stellt in diesem Wettbewerb ein Déjà-Vu dar.
Dafür kann Regisseurin Pia Marais wahrlich nichts, denn sie hat sich die
Startnummer nicht ausgesucht. Dementsprechend kann sie ebenso wenig dafür, dass
ihr Film für mich heute schon die zweite Geschichte eines Autounfalls mit
Todesfolge darstellt. Auch dass im Mittelpunkt der Geschichte erneut eine Frau
steht, ist inzwischen nicht mehr wirklich originell, sondern droht eine ganz
neue Art der Einseitigkeit in diesem Wettbewerb zu werden. Aber auch dafür
kann Pia Marais natürlich nichts. Immerhin bereichert sie das Festival mit
ihrem Film um eine Art Krimi oder gar Psychothriller, denn in Layla Fourie geht
es zeitweise richtig spannend zu.
Die titelgebende Hauptfigur muss für einen Job mit ihrem ca.
sechsjährigen Sohn für ein paar Tage die Stadt verlassen. Auf dem Weg zu ihrem
Einsatzort überfährt sie versehentlich einen Mann. Layla (Rayna Campbell) will
das Opfer in ein Krankenhaus bringen, doch dafür ist es schon zu spät. Aus
Sorge um ihren Sohn beschließt die wahrheitsliebende Frau, die Ereignisse
dieser Nacht für sich zu behalten. Doch an ihrem Arbeitsplatz trifft sie
ausgerechnet auf Eugene, den Sohn des Unfallopfers (August Diehl). Wird es
Layla gelingen, die Wahrheit zu verbergen? Und wie wird Eugene reagieren, wenn er erfährt, dass sie die Mörderin seines Vaters ist?
In Layla Fourie geht es vor allem um das Thema Wahrheit. Die
Hauptfigur führt für ihre Auftraggeber Lügendetektortests durch, z.B. im Rahmen
von Bewerbungsgesprächen. Sie kennt also die Symptome einer Falschaussage und
weiß diese zu vermeiden. Doch ihr inneres Streben nach Aufrichtigkeit macht das
Lügen zur Qual, zumal zwischen Eugene und ihr durchaus ein paar Funken sprühen.
Es ist nur die innige Liebe zu ihrem Sohn, die sie standhalten lässt.
In der ersten Filmhälfte gelingt es Pia Marais eindrucksvoll,
uns Laylas Lebenswelt vor Augen zu führen. Angst ist die dominante Stimmung
in diesem Mikrokosmos, zunächst um die Besorgung des Lebensunterhalts und die
Sicherheit des Sohnes im kriminalisierten Ghetto, dann vor der Enthüllung der
Wahrheit und dem Verlust des Kindes. Der Junge wiederum ist eine tickende
Zeitbombe, denn der kleine Kane hat nicht nur den Unfall miterlebt, sondern
auch heimlich das Handy des Opfers entwendet. Und so warten wir nur darauf,
dass Laylas Fassade bröckelt oder Kane sich verplappert. Auch der
undurchsichtige Eugene stellt nicht nur ein Objekt der Begierde, sondern vor
allem der Bedrohung dar.
Aber dann kommt doch alles anders: nicht nur unerwartet,
sondern vor allem unglaubwürdig. Kanes Verhalten ist selbst für ein Kind seines
Alters schwer nachvollziehbar. Mal scheint er bereitwillig alles auszuplaudern,
dann wieder droht er mit Selbstmord als Layla ihr Gewissen endlich durch eine
Beichte erleichtern möchte. Auch Eugenes Position bleibt unklar: Ab welchem
Punkt beginnt er die geheimnisvolle Frau zu verdächtigen? Fühlt er sich
wirklich zu ihr hingezogen oder ist sein Flirten Teil einer gekonnten
Manipulation? Weil wir die Figuren immer schwerer einordnen können, bleiben
auch ihre Entscheidungen und Handlungen schwer nachvollziehbar. So wirkt denn
auch die Zuspitzung am Ende sehr konstruiert und die Auflösung der Geschichte
vor allem rätselhaft.
Ganz ehrlich: Hätte ich nicht bislang in fast jedem Film
eine starke Frauenfigur vorgesetzt bekommen, hätte Layla Fourie mich durch
diesen Punkt eventuell überzeugen können. Doch im Vergleich zu Gloria, Die
Nonne oder auch Child’s Pose wird die Hauptfigur hier zu stark in die
Opferrolle gedrängt, um als emanzipatorische Identifikationsfläche zu
funktionieren. Die mangelnde Unterstützung durch ihren Exmann bringt Layla in
die brenzlige Lage, ihren Sohn zu ihrem Job mitzunehmen, was wiederum zum
Unfall führt. Danach wird Layla Opfer ihrer eigenen vorbildlichen Moral. Sie
will die Wahrheit sagen, „kann aber nicht". So erleben wir sie als vom
Schicksal benachteiligte Frau und nicht als die Kämpferin, die sie meiner
Meinung nach darstellen soll.
Für den Unterhaltungsfaktor des Films ist dies weniger von
Bedeutung. Der leidet schlichtweg darunter, dass Pia Marais die dichte
Atmosphäre ihres Anfangs nicht über die gesamte Laufzeit retten kann und der
Spannungsbogen vor allem im letzten Drittel immer wieder absackt. Schade,
schade, es hatte alles so vielversprechend begonnen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen