© New Pictures Fil/ Regie: Zhang Yimou |
Dass The Flowers of War kontrovers sein würde, war mir vorher
klar. Schließlich hat sich Regisseur Zhang Yimou durch seine Inszenierung der
Eröffnungsveranstaltung der olympischen Spiele in Peking nicht nur Freunde
gemacht. Man konnte förmlich merken, wie die Journalisten danach lechzten,
versteckte Propaganda in diesem Film auszumachen. Vielleicht bin ich blind,
aber ich habe keine Propaganda gesehen. Jedenfalls nicht mehr als in jedem
zweiten amerikanischen Actionfilm.
Christian Bale ist in seiner Rolle als John Miller
unsypmathischer als in American Psycho. Das allein war schon beeindruckend.
Doch auf Grund einer vollkommen an den Haaren herbeigezogenen Läuterung wird er
natürlich irgendwann zum Helden. Überhaupt wirkt hier sehr vieles konstruiert
und inszeniert. Die Figuren entwickeln sich nach dem Skript und nicht das
Skript nach den Figuren. Auch schauspielerisch können mich nur wenige
überzeugen, aber das kann auch an einer kulturspezifischen Art des Schauspiels
liegen. Ich will mich da lieber nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, wenn in
einer Sprache gesprochen wird, die ich nicht verstehe.
Zhang Yimou will ganz offensichtlich zeigen, was er kann. Er genießt
das Spiel mit den Farben und wird nicht müde, immer und immer wieder die bunten
Kirchenfenster einzusetzen. Auch eine für die Handlung vollkommen irrelevante
Kampfszene wird integriert, was den Eindruck hinterlässt, dass der Regisseur
hier vor allem angeben will. Das macht er in meinen Augen nicht mal besonders
gut, denn vieles wirkt so überladen, dass es in unfreiwillige Komik abgleitet.
In Zeitlupe fliegende Glasscherben zu dramatischer Musikuntermalung... weniger
wäre hier mehr gewesen.
Viel zu dick aufgetragen wird auch bei der Inszenierung der
Helden der Geschichte. Es ist nicht unbedingt Christian Bale, der hier
glorifiziert wird. Warum auch?! Er ist ja Amerikaner. Die Figur eines chinesischen
Soldaten, der zum Schutz der Klosterschülerinnen den Märtyrertod stirbt, wird
allerdings mit einer Portion Pathos bedacht, die für mindestens drei
amerikanische Bürgerkriegsfilme ausgereicht hätte.
Auffällig ist auch die (Nicht-)Thematisierung von Religion.
Christian Bale spielt einen Bestatter, der in die Rolle eines Priesters
schlüpft, um während der japanischen Besetzung von Naking 1937 eine Gruppe
junger Mädchen zu beschützen. In der von ihm bewachten Kirche suchen auch zwölf
Prostituierte Unterschlupf. Die Themen Religion und Moral sind also
omnipräsent. Dennoch haben sie für den Verlauf der Geschichte kaum Bedeutung.
Eine amerikanische Version von The Flowers of War hätte mindestens ein effektvolles
Gebet oder ein Bekehrungserlebnis in die Geschichte integriert. Mir persönlich fehlt
eine stärkere Verwendung der religiösen Thematik nicht unbedingt, doch entsteht
durch die Wahl des Settings ein starker Bruch mit dieser offensichtlichen
spirituellen Abwesenheit. Ich finde, wenn man schon eine Kirche als Schauplatz
wählt und dort Klosterschülerinnen und Nutten mit einem geläuterten Säufer in
Priesterrobe zusammenbringt, sollte man doch wenigstens so konsequent sein und
auch einen minimalen religiösen Subtext integrieren. Ohne diesen spirituellen
Unterton wirkt The Flowers of War irgendwie unvollständig und nicht zu Ende
gedacht.
Trotz der für mich grundsätzlich nicht nachvollziehbaren Handlungen
der Protagonisten und des unausgegorenen Konzepts wird mir während der 2 ½
Stunden nicht langweilig. Das Schicksal der Mädchen interessiert mich dann doch
zu sehr. Am Ende ringt mir Zhang Yimou glatt noch eine halbe Träne ab. So kann ich
The Flowers of War wirklich nicht als schlechten Film aburteilen. Von einer cineastischen Offenbarung ist das Werk jedoch ebenfalls weit entfernt.
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