© Berlinale/ Regie: Pedro Pérez Rosado |
Fatimetu (Nadhira Mohamed) wurde zwar in Afrika geboren, wuchs aber in Spanien
auf. Nach dem Tod ihrer Mutter kehrt sie nun in ein Camp für Sarahoui-Flüchtlinge
in Algerien zurück, in dem ihre Schwester und ihr Bruder, sowie dessen Frau
leben. Der letzte Wille der Mutter war es, dass Fatimetu sich um ihre
körperlich behinderte Schwester Hayat (Memona Mohamed) kümmern solle. Da sie sich gerade von
ihrem spanischen Freund getrennt hat und es somit nichts gibt, was in Europa
auf sie wartet, beschließt die junge Frau, vorerst in Afrika zu bleiben. Dass
sie aus einer vollkommen anderen Welt stammt, in der Frauen Auto fahren und
„Männerarbeit“ machen, erschwert ihre Rückkehr in das Leben des Lagers. Während
sie von Hayat für ihren Mut und ihre Tatkräftigkeit bewundert wird, beschwert
sich ihr Bruder Jatri (Ahmed Molud), Fatimetu solle sich endlich wie eine Frau verhalten und
heiraten. Stattdessen kauft sie einen Jeep und mit der ortskundigen
Unterstützung von Hayat nimmt sie Lieferaufträge jeglicher Art an – ob
Kamelkadaver oder Bräute.
Der Film ist ruhig, es gibt wenig Dialog und die spärliche
Kommunikation, die es gibt, scheint oft indirekt. Die Menschen kommen nicht in
einen offenen Austausch, sondern spielen auf ihre Konflikte nur an bzw.
verschieben diese in den Subtext. Ob das ein kulturelles Merkmal oder ein
Faible des Filmemachers ist, wird mir nicht klar. Das Setting in der Wüste ist
sehr eindrucksvoll. Der Film vermittelt einen Einblick in das Leben der
Bewohner der Flüchtlingslager, ohne dabei auf die Tränendrüse zu drücken oder
eine Anklage zu erheben. Lediglich durch eingeblendete Titel vor und nach dem
Film wird deutlich, dass es sich bei diesen Lagern und dem Umgang mit den dort
lebenden Menschen im Grunde um ein menschrechtswidriges Verfahren handelt.
Die traditionelle Musik, farbenprächtige Kostüme und das
sich stetig wiederholende, fast schon hypnotisch wirkende Eingießen von Tee
schaffen eine authentische Atmosphäre, in die wir uns als Zuschauer gerne
hinein begeben. Ein bisschen mehr Handlung, ein bisschen mehr Nähe zur
Hauptfigur, um für einen für den Zuschauer wahrnehmbaren und nachvollziehbaren
Konflikt zu schaffen, hätte Wilaya noch spannender gestaltet. Einzelne
Handlungslemente, z.B. die Flucht einer Braut von ihrer Hochzeit, und die
Schauspielleistung von Hayat überzeugen leider nicht 100%ig. Doch der Konflikt,
der durch das Aufeinanderprallen zweier kultureller Räume insbesondere in Bezug
auf die Rolle der Frau entsteht, bietet eine gute Ausgangsbasis für
weitergehende Überlegungen. Dass auch hier auf einen mahnenden Zeigefinger
verzichtet wird, macht es möglich, die Thematik offen zu legen und das
Interesse für Diskussion zu wecken, ohne Urteile vorwegzunehmen.
Unterm Strich ist Wilaya vor allem durch die Darstellung
einer fremden Lebenswelt interessant. Als Ausgangspunkt für Überlegungen zur
Rolle der Frau in der arabischen Welt eignet sich der Film in jedem Fall mehr
als für einen unterhaltsamen Videoabend.
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