© Berlinale/ Regie: Héléna Klotz |
Bei L’âge atomique handelt es sich um den ersten Teil einer
Trilogie der Regisseurin Héléna Klotz, die sich mit dem Thema Jugend
beschäftigt. In diesem Film durchstreifen wir das Pariser Nachtleben mit Victor
(Eliott Paquet) und Rainer (Dominik Wojcik), gehen mit ihnen in einen Club,
laufen durch die Straßen und später auch durch ein Waldstück. Wir werden Zeuge
von Victors Versuchen, ein Mädchen für sich zu gewinnen, einer
Auseinandersetzung mit einem Yuppie und einer Liebesbekundung der besonderen
Art.
Der gesamte Film ist von einer verträumten Musik begleitet,
die auch während der Partyszenen nicht pausiert. Dadurch entsteht eine
Asynchronität zwischen dem Score und der sich in einem anderen Takt wiegenden
Körper. Die Dialoge sind über die Musik gesprochen, so dass auch sie nicht wie
von den Protagonisten von sich gegeben, sondern mehr wie ein Voice-Over wirken,
einer Gedankenstimme der Figuren. Was zunächst sehr reizvoll ist und uns in die
Stimmung dieser Nacht einsaugt, wird mit der Zeit anstrengend. Auch die
Dialoge, bei denen es sich weniger um Informationstausch als vielmehr um
Reflektionen der einzelnen Personen handelt und die oft kryptisch wirken,
tragen dazu bei, dass man sich nach einem Twist sehnt, der uns Zuschauer aus dieser
melancholisch Gleichförmigkeit erlöst.
Während einzelne Passagen wie die typischen Ereignisse einer
durchzechten Nacht wirken, z.B. der gefühlsduselige Moment im Vollrausch,
bleibt die Relevanz anderer Sequenzen rätselhaft. So wurde mir auch
nachträglich nicht klar, warum Victor den Konflikt mit dem Yuppie eingeht und
welche Funktion ihr Streit für die Handlung des Films hat.
Am Problematischsten ist aber, dass sich die Figuren als
schlechte Identifikationsfolie erweisen, da sie eben nicht ganz normale
Jugendliche im Nachtleben einer europäischen Hauptstadt sind. Als er friert,
klaut Rainer auf offener Straße von einem anderen jungen Mann den Mantel und
nimmt ihm im selben Zug das Portemonnaie ab. Dieser kriminelle Zug mag nicht so
recht zu der Figur passen, wie wir sie bislang kennengelernt haben und
erschwert auch die Einfühlung in seine Welt. Die Stimmung des Films und die
kontemplativen Dialoge erschaffen die beiden Hauptfiguren als Personen, die
mich an einen bestimmten Typus meiner geisteswissenschaftlichen
Uni-Kommilitonen erinnert. Menschen, die sich dem Existentialismus
verschreiben, sich von Melancholie und Endlichkeit magisch angezogen fühlen und
ihre eigene Depressivität kollektiv zelebrieren.
Ob einem das gefällt oder nicht, ist natürlich eine Frage
des Geschmacks. Mich können auch die schön fotografierten Bildkompositionen
nicht über die depressive Grundstimmung von L’âge atomique hinwegtrösten.
Während des insgesamt sehr dunklen Films werde ich immer müde. Trotz einer
Länger, oder vielmehr Kürze, von nur 67 Minuten, fühle ich mich irgendwann, als
wäre es in der Tat mitten in der Nacht und ertappe mich mehrfach, wie mir vor
Müdigkeit die Augen zufallen.
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