© 2011 Paramount Pictures/Mercury Productions/ Regie: Jason Reitman |
Das Screening von Young Adult war ein bisschen wie ein Blick
in den Spiegel. Nein, ich bin nicht 37. Nein, ich schreibe keine Jugendbücher.
Nein, ich habe kein Alkoholproblem und Hunde kann ich auch nicht besonders
gut leiden. Aber ich bekomme auch gelegentlich Emails mit niedlichen Babyfotos und
entwickele daraufhin völlig unangebrachte Aggressionen.
Die Reaktion von Mavis (Charlize Theron) auf eine dieser
Emails ist die spontane Eingebung, ihren Highschool-Schwarm Buddy (Patrick
Wilson) zurückzuerobern, der ihrer Meinung nach für sie bestimmt ist. Sie ist
davon überzeugt, dass er in seiner bürgerlichen Existenz gar nicht glücklich
sein kann und sieht sich selbst als seine Retterin aus dem langweiligen Kleinstadtleben.
Also fährt sie zurück in die Heimat und setzt alles daran, Buddy für sich zu
gewinnen.
Young Adult generiert seine Komik aus seiner Realitätsnähe. Vieles
ist natürlich übertrieben, hat aber stets einen wahren Kern. Im
späteren Verlauf des Films bleibt uns das Lachen mehr und mehr im Halse
stecken, weil wir Mavis‘ Verzweiflung erkennen. Je deutlicher ihre
Schwachstellen zu Tage treten, desto mehr Mitgefühl empfinden wir für sie. Und
schließlich ist ihr Verhalten nicht mehr zum Lachen, sondern eher zum Heulen.
Die Personen, die Mavis in ihrer Heimatstadt trifft sind
natürlich Typen. Nichtsdestotrotz handelt es sich um Platzhalter für Leute wie wir sie alle kennen. Der Nerd, den niemand beachtet hat. Das Mauerblümchen,
das der Klassenschönheit wie ein Dackel hinterherrennt, ohne jemals
wahrgenommen zu werden. Vor allem aber natürlich der Schönling, der im Grunde gar
nichts zu bieten hat außer seinem Aussehen. Buddy disqualifiziert sich im
Grunde schon im ersten Drittel als nicht ernstzunehmendes Gegenüber, doch Mavis
kann und will das nicht sehen. Im Grunde geht es nämlich gar nicht um Buddy,
sondern darum, dass sie verzweifelt Stabilität in ihrem Leben sucht. Die fixe
Idee, ihre Jugendliebe sei für sie bestimmt, ist eine nostalgische Sehnsucht
nach einer besseren Zeit, die es so eigentlich nie gegeben hat.
Dass Mavis trotz ihrer Überzeichnung wie eine reale Person
wirkt, liegt daran, dass ihr Verhalten mehr und mehr pathologische Formen
annimmt. Es handelt sich bei Young Adult nicht um eine platte Komödie, die das
Verhalten einer gescheiterten Prom-Queen aufs Korn nimmt, sondern eher um eine
Tragödie über schwer depressive Frau. Im Grunde ist Mavis‘ Verhalten Ausdruck
einer Psychose, einer Wahnvorstellung, der sie hilflos ausgeliefert ist. Indem
Jason Reitman seiner Hauptfigur so viel Tiefe verleiht, gewinnt auch der
gesamte Film an Anspruch.
Für mich gab es nur einen einzigen Wermutstropfen und das
ist das in meinen Augen inkonsequente Ende. Aber da sicher hier keiner wissen
will, wie das aussieht, erspare ich mir ausnahmsweise eine genauere Analyse. Stattdessen
spreche ich einfach mal die klare und deutliche Empfehlung aus, sich Young
Adult alsbald im Kino anzusehen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen