© Concorde/ Regie: Steven Soderbergh |
Eine Frau wird in einem amerikanischen Diner von einem Mann
angesprochen. Die beiden kennen sich. Die Stimmung ist nicht besonders gut und entwickelt
sich zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung. Ein besorgter junger Mann am
Nebentisch will helfen, doch das ist gar nicht notwendig, denn die attackierte
Frau poliert ihrem Angreifer mächtig die Fresse.
So beginnt Haywire, der Film von Steven Soderbergh, der im
Berlinale Wettbewerb außer Konkurrenz läuft. Die schlagkräftige Dame ist Gina
Carano, eine Mixed Martial Arts Größe, die hier ihr Leinwanddebut an der Seite
der ganz großen Hollywoodstars gibt. In dieser ersten Szene muss sich Channing
Tatum von ihr zerlegen lassen, später gibt sie dann noch Michael Fassbender,
Ewan McGregor und Antonia Banderas ordentlich eins auf die Mütze. Diese Kämpfe
zwischen Mann und Frau sind nicht nur wegen der Geschlechterkonstellation
ungewöhnlich, sondern wurden, so zumindest Steven Soderbergh in der
Pressekonferenz, auch ganz bewusst anders inszeniert als wir es von
amerikanischen Actionfilmen gewöhnt sind.
Die Geschichte ist eigentlich schnell erzählt: Malory Kane
arbeitet als Agentin für ein privates Unternehmen, das unter anderem von der
amerikanischen Regierung für spezielle Aufgaben engagiert wird. Doch nach ihrem
letzten Auftrag ändert sich plötzlich alles und Malory steht selbst auf der
Abschussliste. Wem kann sie jetzt noch trauen? So oder so ähnlich haben wir
diese Geschichte schon an die hundert Mal gesehen. Ich kann wirklich nicht
behaupten, dass Steven Soderbergh, bzw. Drehbuchautor Lem Dobbs hier mit besonders
originellen Ideen aufwarten. Aber darum geht es auch gar nicht. Ich glaube,
Haywire ist ein Spiel des Regisseurs mit dem Genre des Actionfilms. Wie er
selbst sagt, hat er sich ästhetisch an Werken aus den 60er und 70er Jahren
orientiert. Die Wahl des Projektes war übrigens eng mit seinem Wunsch verbunden,
Gina Carano casten zu können. Dafür eignet sich das Konzept in seiner jetzigen
Form natürlich hervorragend. Die Betonung liegt hier eindeutig auf der
optischen Ebene, es wird mehr gezeigt als gesagt. Das hat mir insbesondere im
ersten Teil des Films gefallen, der in Barcelona spielt und in dem die
Vorgeschichte geschickt gerafft bildlich zusammengefasst wird.
Mal abgesehen von dem großartigen Cast, zu dem neben den
schon genannten auch Michael Douglas gehört, unterhält Haywire auch durch seinen
Humor. Hier zeigt sich eine gewisse Selbstironie des Films, der mich einmal
mehr zu der Annahme führt, dass Steven Soderbergh bei diesem Projekt vor allem
Spaß an der Arbeit an sich hatte. Bedauerlich ist, dass Michael Fassbender und
Channing Tatum so wenig Screentime bekommen haben. Die Figur der Malory Kane
steht ganz klar im Vordergrund. Gina Carano bringt eine Menge Power mit und
macht ihre Sache hier trotz fehlender Schauspielerfahrung überraschend gut.
Haywire ist ein reiner Unterhaltungsfilm und steht dazu. Hier
sollen keine tiefschürfenden Reflektionen in Gang gebracht werden. Und solche
Filme muss es ja schließlich auch geben. Spannend ist Steven Soderberghs Werk
allemal, nur leider auch ziemlich austauschbar.
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