© GK Films/ Regie: Angelina Jolie |
Am Ende meines zweiten Berlinale-Tages bin ich müde und
deprimiert. Eigentlich habe ich gar keine Lust, mir jetzt auch noch In the Land
of Blood and Honey anzusehen, denn ausnahmslos alle Kollegen haben mich vor
diesem Film gewarnt. Aber da ich Angelina Jolies Regiedebut auf keinen Fall verpassen
will, schleppe ich mich mit letzter Kraft ins Kino. Vielleicht liegt es daran,
dass ich weniger als nichts erwartet habe, aber letzten Endes bin ich doch
positiv überrascht.
Der Film nimmt mich von der ersten Szene für sich ein. Mir
gefällt die Ästhetik, die Farben, die Inszenierung. All das ist ein paar
Schritte weg vom Hollywood-Hochglanzkino, aber immer noch nah genug dran, um
meinen Sehgewohnheiten zu entsprechen. Binnen Sekunden raubt mir dann eine
Explosion den Atem und schmeißt mich mitten rein in die traurige Geschichte von
der Muslimin Ayla (Zana Marjanovic). Kurz vor dem Ausbruch des Krieges
verliebt sie sich in den serbischen Polizisten Danijel (Goran Kostic), doch
durch die bereits erwähnte Explosion verwandelt sich ihr erstes Date in einen Alptraum.
Als sie sich das nächste Mal sehen, ist Ayla von serbischen Soldaten deportiert
worden. Plötzlich steht ihr Danijel als Feind gegenüber. Während die anderen
Frauen systematisch vergewaltigt werden, steht sie unter dem Schutz ihres
Geliebten. Doch kann sie ihm wirklich vertrauen?
Im Grunde ist die Geschichte von Ayla und Danijel herzergreifend,
denn keiner von beiden ist mit Herzblut in diesem Krieg dabei. Nicht einmal
Danijel, der im Grunde nur versucht, durch seine militärischen Leistungen den
Stolz seines Vaters zu erlangen. Dass er jedoch nicht in der Lage ist, entweder
für seine Kameraden oder seine Geliebte eindeutig Stellung zu beziehen, lässt ihn
als unangenehm rückgratlosen Charakter erscheinen. Und auch Ayla wollen wir
am liebsten einmal kräftig durchschütteln, als sie die Möglichkeit der Flucht
nicht nutzt, um weiter in Danijels Nähe, aber somit eben auch Objekt seiner
Machtausübung zu sein.
Das Verhältnis zwischen den beiden Liebenden ist
kompliziert, denn zu den normalen Geschlechterkämpfen gesellt sich hier eine Machtdynamik,
derer sie sich nicht erwehren können. Zu dem hierarchischen Gefälle gesellt
sich bald ein gegenseitiges Misstrauen, bis auch dem letzten Zuschauer klar
geworden ist, dass diese Liebe zum Scheitern verurteilt ist.
Die Darstellung der muslimischen Frauen im Balkankrieg ist
erschreckend und geht mir unter die Haut. Als die serbischen Soldaten sie als
lebende Schutzschilder benutzen, kann ich kaum noch auf die Leinwand sehen. Trotzdem
muss ich, die ich sonst nah am Wasser gebaut bin, nicht ein einziges Mal
weinen. Entweder Ayla ist gar nicht so verzweifelt oder aber Angelina Jolie
gelingt es nicht, diese Verzweiflung für uns wahrnehmbar zu machen. Im Grunde
bin ich aber dankbar dafür, da ich glaube, die Gefühlswelt der Frauen auf der
Leinwand gar nicht ertragen zu können.
Was mich darüber hinaus irritiert ist die
Schwarz-Weiß-Malerei der Geschichte. Mit kleinen Ausnahmen sind die Serben die
Bösen und die Bosnier die Guten. So kommt es auch, dass ich mir während des
gesamten Films wünsche, Danijel möge doch bitte einfach seine Kompanie
verlassen und mit Ayla durchbrennen. Dass auch er einen Grund zu kämpfen hat, will
und kann ich im Rahmen dieser Geschichte nicht einsehen. Ich bin kein Fachmann für
den Balkankrieg, aber ich denke, eine derart brutale Auseinandersetzung sollte
ausgewogener dargestellt werden, um nicht Gefahr zu laufen, die Handlungen der
einen oder anderen Seite zu beschönigen.
Davon abgesehen kann ich jedoch die Meinung meiner Kollegen
nicht so recht teilen. Ich finde es gut, dass mich der Film etwas auf Distanz
hält. Sicher handelt es sich hier nicht um ein cineastisches Meisterwerk, aber
Angelina Jolie hat sich Mühe gegeben, das merkt man. Und in jedem Fall ist es
löblich, den Balkankrieg und die damit verbundenen Greueltaten insbesondere an
Frauen ins Zentrum unserer Aufmerksamkeit zu rücken. Das nämlich hat der
Mainstream-Film, insbesondere der amerikanische, bislang viel zu wenig getan!
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