© Hans From/ Regie: Christian Petzold |
Die Ärztin Barbara (Nina Hoss) wird auf Grund ihres Ausreiseantrages in
der DDR zwangsversetzt und permanenter Bespitzelung ausgesetzt. Weil sie nicht
mehr weiß, wem sie noch trauen kann, fällt es ihr auch schwer, Kontakte zu den
Kollegen herzustellen, obwohl sich der attraktive Arzt André (Ronald Zehrfeld) mächtig ins Zeug legt,
ihr nahe zu kommen. An einer Liebelei ist Barbara auch deshalb nicht
interessiert, weil sie eine Flucht zu ihrem Freund in den Westen plant. Doch je
länger sie in dem kleinen Provinzkrankenhaus tätig ist, je mehr Einblick sie in
die Beweggründe Andrés erlangt, desto mehr stellt sie ihre eigene
Prioritätensetzung in Frage. Und es kommt zu dem klassischen Dilemma: Soll
Barbara das Land, das ihr so vieles angetan hat, verlassen oder lieber bleiben
und denen helfen, die ein ähnliches Schicksal erleiden?
Barbara besticht auf den ersten Blick durch seine
Ausstattung. Das DDR-Flair ist in jeder Einstellung spürbar. Wenn die
Hauptfigur mit ihrem Fahrrad durch die Umgebung fährt, fühle ich mich in meine
Kindheit und Besuche auf der „Datsche“ meiner Oma im Berliner Umland erinnert.
Auch die Menschen, auf die sie trifft, sind gerade so stereotyp, das sie zum
Schmunzeln anregen, bleiben dabei aber stets glaubwürdig.
Der innere Konflikt der Figur ist für mich greifbar. Ich
leide mit ihr, wenn sie wiederholt zu einer Leibesvisitation gezwungen und
damit erniedrigt wird. Ich leide mit ihr, wenn sie unter der selbst erwählten
Einsamkeit leidet, weil sie sich vor lauter Misstrauen niemandem mehr nähern
kann. Und ich komme ebenfalls ins Grübeln, ob eine Flucht hier wirklich die
richtige Entscheidung ist. Aber auch die anderen Charaktere sind keine bloßen
Typen, sondern werden mit einer Geschichte ausgestattet, die ihr Handeln für
uns begreifbar und nachvollziehbar macht. Sogar der Stasi-Spitzel (Rainer Bock) darf
hier ganz Mensch sein, eigene Lasten tragen und Verzweiflung und Schwäche zeigen.
Für mich geht es in Barbara um Mündigkeit. Sie lebt in einem
System, dass ihr Entscheidungen abnehmen, ihr eine Ideologie und Moral
vorschreiben will. Doch wie in den Gesprächen mit Jörg (Mark Waschke) deutlich
wird, erwartet sie im Westen doch wieder nur eine neue Art der Unmündigkeit, denn
ihr Freund sieht für sie eine Existenz als Hausfrau und Mutter und die Aufgabe
ihres Berufs vor. So ist die Entscheidung, die Barbara im Laufe des Filmes zu
treffen hat, die für ein selbstbestimmtes Leben. Dass dies auch in der DDR möglich ist, zeigt
ihr André. Der stellt darüber hinaus ihre Moral in Frage, denn André selbst
macht keinen Unterschied zwischen Systemkritiker, Stasi-Mitarbeiter und
Normalbürger. Als Arzt ist er jedem gegenüber gleichsam zu Hilfe verpflichtet.
Auch wenn das Ende für mich persönlich sehr vorhersehbar
war, konnte es mich trotzdem rühren. Ohne Kitsch und Tränendrüsenattacke kann
Christian Petzold diese Story abrunden und lässt noch genug Raum dafür, dass
wir selbst in unserem Kopf die Geschichte weiterspielen. Ein sehr gelungener
Film. Applaus!
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