Mittwoch, 15. Februar 2012

Bai Lu Yuan


© Berlinale/ Regie: Wang Quan'an
Nach diesem dreistündigen chinesischen Epos stand ich mit Kollegen zusammen und gemeinsam versuchten wir den Handlungsablauf zu rekonstruieren. Wie wir jedoch feststellen mussten, waren wir selbst zu viert nicht in der Lage, die Figuren voneinander klar zu unterscheiden und in Beziehung zu setzen. Dafür gibt es zwei mögliche Erklärungen: Entweder wir sind alle nicht so schlau wie wir tun, oder aber Regisseur Wang Quan’an hat seine Geschichte nicht besonders gut erzählt.

Es ist gar nicht so einfach, die Handlung von Bai Lu Yuan zusammenzufassen, insbesondere deshalb, weil ich die Figuren nicht auseinanderhalten konnte. Ich glaube, im Zentrum standen drei junge Männer und eine Kommunität in der chinesischen Pampa, die vom Weizenanbau lebt. Die Geschichte spielt in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, einer Zeit der Umbrüche, die auch an dem kleinen Ort nicht spurlos vorübergeht. Doch es geht hier weniger um eine Geschichtsstunde als um die Schicksale der drei Männer, die durch das Auftauchen einer fremden Frau durcheinander gebracht werden. 

Zwei Dinge sind mir an Bai Lu Yuan besonders aufgefallen: Es wird sehr oft gegessen und sehr oft gevögelt. Wegen letzterem stand der zu Grunde liegende Roman wohl auch recht lange auf dem Index. Auch auf der sprachlichen Ebene wird hier kein Blatt vor den Mund genommen und ein vulgärer Ausspruch jagt den nächsten. Ich bin ja wirklich nicht zimperlich, aber Datteln in Sperma einzulegen finde ich dann doch eine merkwürdige Idee. 

Abgesehen von diesen prekären Details ist Bai Lu Yuan in meinen Augen eher unspektakulär. Das Erzähltempo ist extrem langsam. Die Dialoge ziehen sich dahin, ohne einen erwähnenswerten Informationsgehalt vorweisen zu können. Manchmal habe ich gar das Gefühl, die Leute auf der Leinwand würden gar nicht wirklich miteinander sprechen, sondern nur abwechselnd laut vor sich hindenken. Und so zieht sich auch der gesamte Film in seinen knapp 180 Minuten Laufzeit entsetzlich in die Länge. 

Filmisch gesehen, hat Wang Quan’an hier wohl keinen ganz schlechten Job gemacht, doch die Geschichte kann mich einfach nicht in ihren Bann ziehen. Auch wenn das Drehbuch seinen Figuren komplexe Charaktere verleiht, kann es mich nicht wirklich für diese einnehmen. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich bis zum Ende die Beziehungen der Personen untereinander nicht durchblicke und somit auch ihre zwischenmenschlichen Probleme für mich nicht immer nachvollziehbar sind. 

Ich könnte mir vorstellen, dass Bai Lu Yuan ein klarer Fall von Geschmackssache ist. Wer sich gut auf derart langsam erzählte Geschichten einlassen kann und vielleicht ein wenig historisches Grundwissen über das China des frühen 20. Jahrhunderts mitbringt, mag an dem Film Gefallen finden. Ich für meinen Teil war ziemlich froh, als er endlich vorbei war. 

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