Dienstag, 14. Februar 2012

Was bleibt

© 23/5 Filmproduktion GmbH/ Regie: Hans-Christian Schmid
Als Marko (Lars Eidinger) mit seinem Sohn über das Wochenende zu seinen Eltern Gitte (Corinna Harfouch) und Günter (Ernst Stötzner) fährt, erwarten ihn gleich zwei Überraschungen: Der Vater setzt sich zur Ruhe und die Mutter hat nach 30 Jahren erstmals ihre Psychopharmaka abgesetzt. Nicht nur Marko, auch sein jüngerer Bruder Jakob (Sebastian Zimmler) ist von der Entscheidung der Mutter verunsichert. Das Leben der Familie ist seit langem durch die Krankheit der Mutter geprägt und alle haben Angst, die Situation könnte eskalieren.

Natürlich kommt es aber gerade durch diese Anspannung zum Ausbruch der Konflikte. Gitte hat es satt, mit Samthandschuhen angefasst zu werden, kann mit den Wahrheiten, die nun ans Licht kommen, jedoch nicht souverän umgehen. Wie bei einer Dominokette löst ein Geständnis das nächste aus bis Gitte und wir den Eindruck haben, dass sich hier alle irgendetwas vormachen.

Im Grunde geht es um Kommunikation. Die Familienmitglieder führen keine aufrichtigen Gespräche miteinander und halten mit ihren Problemen hinterm Berg. Niemand will den anderen durch Wahrheiten verletzen und zieht daher die Lüge der Aufrichtigkeit vor. So entsteht zwischen den Figuren eine Distanz, die für uns als Zuschauer spürbar ist. Marko beispielsweise redet seine Eltern grundsätzlich mit dem Vornamen an.

Zu Beginn des Films irritierte mich das hölzerne Schauspiel. Lediglich Corinna Harfouch erschien mir authentisch. Mit der Entwicklung der Geschichte wirkte dieses ursprüngliche Manko mehr und mehr wie ein von Regisseur Hans-Christian Schmid bewusst gewähltes Stilmittel, das die Stimmung der Familienmitglieder wiedergibt. Denn auch die Charaktere sind nicht authentisch und spielen offensichtlich voreinander eine Rolle.


Das Drehbuch von Bernd Lange wartet mit glaubwürdigen Dialogen und einer guten Dramaturgie auf. Die familiäre Situation ist wie ein Pulverfass, auf dessen Explosion wir warten. Als diese dann geschieht, zieht das Tempo des Films noch einmal an und die bisher eher nüchterne Atmosphäre wird immer intensiver. Film und Figuren entwickeln sich hier parallel, denn auch die Menschen auf der Leinwand sehen sich im Verlauf der Geschichte immer stärkeren Emotionen ausgesetzt, bzw. lassen diese endlich zu Tage treten.

Das Ende von Was bleibt hat mir gut gefallen, weil es eine Weiterentwicklung der Figuren beinhaltet, ohne heile Welt zu spielen. Ich bin zufrieden mit diesem Auftakt des heutigen Berlinale-Tages, auch wenn Was bleibt in meinen Augen ein „kleiner“ Film ist. Für andere Wettbewerbsbeiträge, die ganz offensichtlich „großes Kino“ sind, ist dieses deutsche Werke daher meiner Meinung nach kaum eine Konkurrenz.


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