Freitag, 10. Februar 2012

In the Land of Blood and Honey


© GK Films/ Regie: Angelina Jolie
Am Ende meines zweiten Berlinale-Tages bin ich müde und deprimiert. Eigentlich habe ich gar keine Lust, mir jetzt auch noch In the Land of Blood and Honey anzusehen, denn ausnahmslos alle Kollegen haben mich vor diesem Film gewarnt. Aber da ich Angelina Jolies Regiedebut auf keinen Fall verpassen will, schleppe ich mich mit letzter Kraft ins Kino. Vielleicht liegt es daran, dass ich weniger als nichts erwartet habe, aber letzten Endes bin ich doch positiv überrascht.

Der Film nimmt mich von der ersten Szene für sich ein. Mir gefällt die Ästhetik, die Farben, die Inszenierung. All das ist ein paar Schritte weg vom Hollywood-Hochglanzkino, aber immer noch nah genug dran, um meinen Sehgewohnheiten zu entsprechen. Binnen Sekunden raubt mir dann eine Explosion den Atem und schmeißt mich mitten rein in die traurige Geschichte von der Muslimin Ayla (Zana Marjanovic). Kurz vor dem Ausbruch des Krieges verliebt sie sich in den serbischen Polizisten Danijel (Goran Kostic), doch durch die bereits erwähnte Explosion verwandelt sich ihr erstes Date in einen Alptraum. Als sie sich das nächste Mal sehen, ist Ayla von serbischen Soldaten deportiert worden. Plötzlich steht ihr Danijel als Feind gegenüber. Während die anderen Frauen systematisch vergewaltigt werden, steht sie unter dem Schutz ihres Geliebten. Doch kann sie ihm wirklich vertrauen? 

Im Grunde ist die Geschichte von Ayla und Danijel herzergreifend, denn keiner von beiden ist mit Herzblut in diesem Krieg dabei. Nicht einmal Danijel, der im Grunde nur versucht, durch seine militärischen Leistungen den Stolz seines Vaters zu erlangen. Dass er jedoch nicht in der Lage ist, entweder für seine Kameraden oder seine Geliebte eindeutig Stellung zu beziehen, lässt ihn als unangenehm rückgratlosen Charakter erscheinen. Und auch Ayla wollen wir am liebsten einmal kräftig durchschütteln, als sie die Möglichkeit der Flucht nicht nutzt, um weiter in Danijels Nähe, aber somit eben auch Objekt seiner Machtausübung zu sein.
Das Verhältnis zwischen den beiden Liebenden ist kompliziert, denn zu den normalen Geschlechterkämpfen gesellt sich hier eine Machtdynamik, derer sie sich nicht erwehren können. Zu dem hierarchischen Gefälle gesellt sich bald ein gegenseitiges Misstrauen, bis auch dem letzten Zuschauer klar geworden ist, dass diese Liebe zum Scheitern verurteilt ist. 

Die Darstellung der muslimischen Frauen im Balkankrieg ist erschreckend und geht mir unter die Haut. Als die serbischen Soldaten sie als lebende Schutzschilder benutzen, kann ich kaum noch auf die Leinwand sehen. Trotzdem muss ich, die ich sonst nah am Wasser gebaut bin, nicht ein einziges Mal weinen. Entweder Ayla ist gar nicht so verzweifelt oder aber Angelina Jolie gelingt es nicht, diese Verzweiflung für uns wahrnehmbar zu machen. Im Grunde bin ich aber dankbar dafür, da ich glaube, die Gefühlswelt der Frauen auf der Leinwand gar nicht ertragen zu können. 

Was mich darüber hinaus irritiert ist die Schwarz-Weiß-Malerei der Geschichte. Mit kleinen Ausnahmen sind die Serben die Bösen und die Bosnier die Guten. So kommt es auch, dass ich mir während des gesamten Films wünsche, Danijel möge doch bitte einfach seine Kompanie verlassen und mit Ayla durchbrennen. Dass auch er einen Grund zu kämpfen hat, will und kann ich im Rahmen dieser Geschichte nicht einsehen. Ich bin kein Fachmann für den Balkankrieg, aber ich denke, eine derart brutale Auseinandersetzung sollte ausgewogener dargestellt werden, um nicht Gefahr zu laufen, die Handlungen der einen oder anderen Seite zu beschönigen.

Davon abgesehen kann ich jedoch die Meinung meiner Kollegen nicht so recht teilen. Ich finde es gut, dass mich der Film etwas auf Distanz hält. Sicher handelt es sich hier nicht um ein cineastisches Meisterwerk, aber Angelina Jolie hat sich Mühe gegeben, das merkt man. Und in jedem Fall ist es löblich, den Balkankrieg und die damit verbundenen Greueltaten insbesondere an Frauen ins Zentrum unserer Aufmerksamkeit zu rücken. Das nämlich hat der Mainstream-Film, insbesondere der amerikanische, bislang viel zu wenig getan! 



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