Freitag, 17. Februar 2012

Bel Ami


© Studiocanal/ Regie: Declan Donnellan & Nick Ormerod
„As God is my witness, I'll never be hungry again.“ Dieses Zitat aus dem Film Vom Winde verweht taucht in den ersten Szenen von Bel Ami spontan in meinem Bewusstsein auf. Und in der Tat will auch hier die Hauptfigur George Duroy (Robert Pattinson) wie damals Scarlett O’Hara eine mittellose Existenz hinter sich lassen. Im Unterschied zur taffen Südstaatlerin ist George allerdings ein weitgehend talentfreier Ex-Soldat ohne Rückgrat. Gemeinsam ist ihnen wiederum, dass sie ihren Reichtum durch die Ehe mit mächtigen Persönlichkeiten erlangen.

Im Paris des 19. Jahrhunderts, sind es die Frauen, die durch den Einfluss auf ihre Männer die Strippen ziehen. Und so legt George eine nach der anderen flach, immer auf der Suche nach einem noch höheren Einkommen und einer noch mächtigeren Position. Von Tiefschlägen lässt er sich nur vorübergehend aus der Fassung bringen und findet stets schnell ein neues Opfer, dem er schöne Augen machen kann. Egal ob Kristen Scott Thomas, Uma Thurman oder Christina Ricci – sie verfallen ihm alle. 

Ich finde es interessant, dass es diesmal ein Mann ist, der nicht auf Grund seiner Fähigkeiten die Karriereleiter erklimmt, sondern durch seinen Sexappeal. Auch die Machtverhältnisse sind hier sehr divers. Während der Charakter von Uma Thurman George vorübergehend dominiert, ist Kristen Scott Thomas seinem Charme quasi willenlos erlegen. Lediglich Christina Ricci ist schwer einzuordnen. Geht es in diesem Fall gar um Liebe? Aus der Affäre mit ihr kann George keine Vorteile ziehen, dennoch bleibt er ihr über den gesamten Film hinweg  verbunden. Doch Robert Pattinson spielt hier einen viel zu großen Unsympathen, als dass Platz für eine richtige Liebesgeschichte wäre. Ich rechne es den Regisseuren Declan Donnellan und Nick Ormerod hoch an, dass sie darauf verzichtet haben, zu Gunsten einer größeren Massentauglichkeit künstlich eine Lovestory zu konstruieren. Das ist auch deshalb gut, weil in den Momenten leiser Romantik bei Robert Pattinson dann leider doch der melancholische Vampir durchscheint. So ganz kann ich ihn in der Rolle des abgebrühten Egomanen einfach nicht ernst nehmen. 

Auch wenn die Geschlechterrollen hier auf der Handlungseben erfrischend gleichberechtigt konstruiert sind, ist die männliche Hauptfigur leider die einzige, der ein komplexer Charakter zugedacht wird. Die drei Damen sind im Prinzip nur Ornamente dieses erotischen Kostümfilms: schöne Frauen in schönen Kleidern. So können mich auch Ricci und Thomas mit ihrer Schauspielleistung nicht vom Hocker hauen. Lediglich Uma Thurman gibt mächtig Power, überrascht damit aber nicht sonderlich, da wir sie in der Rolle der Kämpferin schon ein paar Mal gesehen haben. 

Der Schluss hat mir diesmal gut gefallen. Mir wurden weder deprimierende Tragik noch ein kitschiges Happy End aufgetischt. Bel Ami hat mich zwei Stunden angenehm unterhalten und gehört auch zu den Filmen, die ich mir durchaus ein zweites Mal ansehen würde. Aus Gesprächen mit Kollegen habe ich jedoch geschlossen, dass das entweder ein Zeichen meines schlechten Geschmacks oder mit meinem Geschlecht zu erklären ist. Es ist wohl nicht vollkommen fehlgeleitet, Bel Ami als Frauenfilm zu bezeichnen.  Ich bin gespannt, wie er sich an den Kinokassen schlagen wird. 




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