Mittwoch, 15. Februar 2012

Haywire


© Concorde/ Regie: Steven Soderbergh
Eine Frau wird in einem amerikanischen Diner von einem Mann angesprochen. Die beiden kennen sich. Die Stimmung ist nicht besonders gut und entwickelt sich zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung. Ein besorgter junger Mann am Nebentisch will helfen, doch das ist gar nicht notwendig, denn die attackierte Frau poliert ihrem Angreifer mächtig die Fresse. 

So beginnt Haywire, der Film von Steven Soderbergh, der im Berlinale Wettbewerb außer Konkurrenz läuft. Die schlagkräftige Dame ist Gina Carano, eine Mixed Martial Arts Größe, die hier ihr Leinwanddebut an der Seite der ganz großen Hollywoodstars gibt. In dieser ersten Szene muss sich Channing Tatum von ihr zerlegen lassen, später gibt sie dann noch Michael Fassbender, Ewan McGregor und Antonia Banderas ordentlich eins auf die Mütze. Diese Kämpfe zwischen Mann und Frau sind nicht nur wegen der Geschlechterkonstellation ungewöhnlich, sondern wurden, so zumindest Steven Soderbergh in der Pressekonferenz, auch ganz bewusst anders inszeniert als wir es von amerikanischen Actionfilmen gewöhnt sind. 

Die Geschichte ist eigentlich schnell erzählt: Malory Kane arbeitet als Agentin für ein privates Unternehmen, das unter anderem von der amerikanischen Regierung für spezielle Aufgaben engagiert wird. Doch nach ihrem letzten Auftrag ändert sich plötzlich alles und Malory steht selbst auf der Abschussliste. Wem kann sie jetzt noch trauen? So oder so ähnlich haben wir diese Geschichte schon an die hundert Mal gesehen. Ich kann wirklich nicht behaupten, dass Steven Soderbergh, bzw. Drehbuchautor Lem Dobbs hier mit besonders originellen Ideen aufwarten. Aber darum geht es auch gar nicht. Ich glaube, Haywire ist ein Spiel des Regisseurs mit dem Genre des Actionfilms. Wie er selbst sagt, hat er sich ästhetisch an Werken aus den 60er und 70er Jahren orientiert. Die Wahl des Projektes war übrigens eng mit seinem Wunsch verbunden, Gina Carano casten zu können. Dafür eignet sich das Konzept in seiner jetzigen Form natürlich hervorragend. Die Betonung liegt hier eindeutig auf der optischen Ebene, es wird mehr gezeigt als gesagt. Das hat mir insbesondere im ersten Teil des Films gefallen, der in Barcelona spielt und in dem die Vorgeschichte geschickt gerafft bildlich zusammengefasst wird.

Mal abgesehen von dem großartigen Cast, zu dem neben den schon genannten auch Michael Douglas gehört, unterhält Haywire auch durch seinen Humor. Hier zeigt sich eine gewisse Selbstironie des Films, der mich einmal mehr zu der Annahme führt, dass Steven Soderbergh bei diesem Projekt vor allem Spaß an der Arbeit an sich hatte. Bedauerlich ist, dass Michael Fassbender und Channing Tatum so wenig Screentime bekommen haben. Die Figur der Malory Kane steht ganz klar im Vordergrund. Gina Carano bringt eine Menge Power mit und macht ihre Sache hier trotz fehlender Schauspielerfahrung überraschend gut.

Haywire ist ein reiner Unterhaltungsfilm und steht dazu. Hier sollen keine tiefschürfenden Reflektionen in Gang gebracht werden. Und solche Filme muss es ja schließlich auch geben. Spannend ist Steven Soderberghs Werk allemal, nur leider auch ziemlich austauschbar.




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