Montag, 13. Februar 2012

The Flowers of War


© New Pictures Fil/ Regie: Zhang Yimou
Dass The Flowers of War kontrovers sein würde, war mir vorher klar. Schließlich hat sich Regisseur Zhang Yimou durch seine Inszenierung der Eröffnungsveranstaltung der olympischen Spiele in Peking nicht nur Freunde gemacht. Man konnte förmlich merken, wie die Journalisten danach lechzten, versteckte Propaganda in diesem Film auszumachen. Vielleicht bin ich blind, aber ich habe keine Propaganda gesehen. Jedenfalls nicht mehr als in jedem zweiten amerikanischen Actionfilm. 

Christian Bale ist in seiner Rolle als John Miller unsypmathischer als in American Psycho. Das allein war schon beeindruckend. Doch auf Grund einer vollkommen an den Haaren herbeigezogenen Läuterung wird er natürlich irgendwann zum Helden. Überhaupt wirkt hier sehr vieles konstruiert und inszeniert. Die Figuren entwickeln sich nach dem Skript und nicht das Skript nach den Figuren. Auch schauspielerisch können mich nur wenige überzeugen, aber das kann auch an einer kulturspezifischen Art des Schauspiels liegen. Ich will mich da lieber nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, wenn in einer Sprache gesprochen wird, die ich nicht verstehe. 

Zhang Yimou will ganz offensichtlich zeigen, was er kann. Er genießt das Spiel mit den Farben und wird nicht müde, immer und immer wieder die bunten Kirchenfenster einzusetzen. Auch eine für die Handlung vollkommen irrelevante Kampfszene wird integriert, was den Eindruck hinterlässt, dass der Regisseur hier vor allem angeben will. Das macht er in meinen Augen nicht mal besonders gut, denn vieles wirkt so überladen, dass es in unfreiwillige Komik abgleitet. In Zeitlupe fliegende Glasscherben zu dramatischer Musikuntermalung... weniger wäre hier mehr gewesen.

Viel zu dick aufgetragen wird auch bei der Inszenierung der Helden der Geschichte. Es ist nicht unbedingt Christian Bale, der hier glorifiziert wird. Warum auch?! Er ist ja Amerikaner. Die Figur eines chinesischen Soldaten, der zum Schutz der Klosterschülerinnen den Märtyrertod stirbt, wird allerdings mit einer Portion Pathos bedacht, die für mindestens drei amerikanische Bürgerkriegsfilme ausgereicht hätte. 

Auffällig ist auch die (Nicht-)Thematisierung von Religion. Christian Bale spielt einen Bestatter, der in die Rolle eines Priesters schlüpft, um während der japanischen Besetzung von Naking 1937 eine Gruppe junger Mädchen zu beschützen. In der von ihm bewachten Kirche suchen auch zwölf Prostituierte Unterschlupf. Die Themen Religion und Moral sind also omnipräsent. Dennoch haben sie für den Verlauf der Geschichte kaum Bedeutung. Eine amerikanische Version von The Flowers of War hätte mindestens ein effektvolles Gebet oder ein Bekehrungserlebnis in die Geschichte integriert. Mir persönlich fehlt eine stärkere Verwendung der religiösen Thematik nicht unbedingt, doch entsteht durch die Wahl des Settings ein starker Bruch mit dieser offensichtlichen spirituellen Abwesenheit. Ich finde, wenn man schon eine Kirche als Schauplatz wählt und dort Klosterschülerinnen und Nutten mit einem geläuterten Säufer in Priesterrobe zusammenbringt, sollte man doch wenigstens so konsequent sein und auch einen minimalen religiösen Subtext integrieren. Ohne diesen spirituellen Unterton wirkt The Flowers of War irgendwie unvollständig und nicht zu Ende gedacht.

Trotz der für mich grundsätzlich nicht nachvollziehbaren Handlungen der Protagonisten und des unausgegorenen Konzepts wird mir während der 2 ½ Stunden nicht langweilig. Das Schicksal der Mädchen interessiert mich dann doch zu sehr. Am Ende ringt mir Zhang Yimou glatt noch eine halbe Träne ab. So kann ich The Flowers of War wirklich nicht als schlechten Film aburteilen. Von einer cineastischen Offenbarung ist das Werk jedoch ebenfalls weit entfernt.



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