Sonntag, 12. Februar 2012

Metéora

© Berlinale/ Regie: Spiros Stathoulopoulos
Eigentlich bin ich ja der Meinung, die Pressevorführungen um 9 Uhr morgens sollten mit etwas actiongeladeneren Filmen bestückt werden, damit die Journalisten eine Chance haben, wach zu werden. Deshalb graute mir auch ein wenig davor, den heutigen Tag mit einem Film über die Liebe zwischen einer Nonne und einem Mönch zu beginnen, deren Klöster sich auf unterschiedlichen Bergspitzen befinden, so dass ihre Kommunikation zwangsläufig gleich null ist.

Urania (Tamina Koulieva) und Theodoros (Theo Alexander) nehmen miteinander Kontakt auf, indem sie mit Hilfe spiegelnder Gegenstände Lichtstrahlen in das Fenster des jeweils anderen senden. Manchmal aber treffen sie sich auch unten im Tal, picknicken und kommen sich näher. Urania kann die durch diese Übertretung des Zölibats ausgelösten Schuld- und Schamgefühle kaum aushalten. Es ist mir etwas zu stereotyp, dass Theodoros hier derjenige ist, der offensichtlich mit diesem Spagat zwischen Glaube und Liebe weniger Probleme hat.

Die Spielfilmszenen werden immer wieder unterbrochen durch Animationssequenzen, die wie bewegte Gemälde wirken. Begleitet vom 23. Psalm (Der Herr ist mein Hirte…) wird der innere Konflikt der Figuren auf eine Symbolebene gehoben. Hierbei erinnert mich die Darstellung der beiden Klöstern auf den spitzen Bergen und die dazwischen liegende Kluft an Ronja Räubertochter. Auch da werden die beiden „Liebenden“, Ronja und Birk, durch eine Kluft getrennt - den Höllenschlund. In Metéora wird das Tal ebenfalls mit der Hölle assoziiert. In den symbolischen Passagen taucht am Fuße der Berge immer wieder das Bild eines Labyrinthes auf, das in die Unterwelt führt.

Regisseur Spiros Stathoulopoulos schafft es, uns die innere Welt seiner Figuren durch die Inszenierung der äußeren Welt vor Augen zu führen. Er nimmt sich viel Zeit für ruhige Aufnahmen der Bergnatur, Choräle bilden einen atmosphärischen Soundtrack. In dieser gewaltigen Kulisse wirken die beiden Charaktere genauso verloren wie sie sich fühlen. Auch ihre mechanisch ausgeführten religiösen Exerzitien können sie nicht von dem körperlichen Verlangen nacheinander ablenken. Fast drohen sie an diesem Druck, der uns durch wildes Glockenschlagen näher gebracht wird, zu zerbrechen. „Die einzige Sünde, die nicht vergeben werden kann, ist die Verzweiflung.“ Diesem Leitsatz folgend, können Urania und Theodoros am Ende auf wunderbare Weise ihren Frieden finden.

Mich hat der Film trotz seiner stark reduzierten Handlung während der gesamten Laufzeit nicht losgelassen. Die Gefühle der Figuren waren für mich spürbar, ihr hin- und hergerissen Sein, ihre Suche nach dem richtigen Weg. Dass ich an keinem Punkt das Interesse an der Geschichte oder ihren Personen verloren habe, führe ich auf die gelungene Dramaturgie von Metéora zurück. Ich glaube jedoch, dass dieser Film nur auf der Leinwand wirklich wirken kann, denn nur dort kommen die Naturaufnahmen voll zum Tragen. Und da diese einen großen Teil der Emotionen von Urania und Theodoros transportieren, wird auch ihre Liebe auf einem kleineren Bildschirm an Bedeutung verlieren. Da gibt es nur eine Lösung: Metéora muss in unseren Kinos laufen!


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